Gegen Rechtsruck und Sozialabbau und für praktische Solidarität!

Bis zu 300 Personen sind am Dienstag dem 02. Juli in Bremen gegen das Bettelverbot in der Bremer Innenstadt und der Insolvenz der Vermittlungsabteilung des Bremer Jobcenters auf die Straße gegangen. Wir haben folgenden Redebeitrag gehalten:


Das Jobcenter Bremen hat vor kurzem seine Mitarbeitenden in der Arbeitsvermittlung erklärt, dass ihr Bereich ab sofort zahlungsunfähig ist. Das bedeutet, dass keine Weiterbildungen mehr finanziert werden, Fahrtkosten nicht mehr erstattet werden, Menschen nicht mehr zu Coachings geschickt werden können. Das Jobcenter, das immer behauptet, Menschen helfen zu wollen, hat damit kein Geld mehr, das zu tun. Für den Rest dieses Jahres. Und die Chancen, dass sich das im kommenden Jahr ändert, stehen schlecht.

Dass irgendwo in Bremen dem Staat das Geld ausgeht, ist für Bremer*innen nichts neues. Hier ist aber diesmal nicht nur der chronische Bremer Geldmangel schuldig, sondern auch die Kürzungen des Bundes. 

Alles, was im Jobcenter nicht mehr finanziert wird, fällt in den Bereich „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“. Hier fehlen dieses Jahr 250 Millionen €. 

Mit der dringend nötigen, leichten Erhöhung des Bürgergeldes Anfang dieses Jahres, wurde aber nicht ausreichend das Gesamtbudgets der Jobcenter erhöht. Stattdessen wurde sogar noch an anderen Stellen gespart und das, obwohl die Bundesregierung laut von einem Kurswechsel – weg vom Hartz 4, hin zum Bürgergeld – getönt hatte. Alles sollte jetzt ganz anders werden, als sich die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder sich damals das 2005 gedacht hatte. Das „Fördern und Fordern“ des „Genossen der Bosse“, bestand nämlich vor allem aus fordern: Angesparte Rücklagen und Altersvorsorgen mussten erst ausgegeben und dann noch der schlecht bezahlteste Job angenommen werden. Hartz 4, das war nicht nur „Armut per Gesetz“, sondern auch für viele Jahre das Rückgrad des „Erfolgsmodell Deutschland“. 

Viel Wasser ist seitdem die Weser runtergeflossen und mit dem Bürgergeld sollte nun endlich „Augenhöhe“ in den Jobcentern Einzug halten, mit denen, die von ihm abhängig sind. Die Arbeitsweise sollte eine andere werden, die Leistungsabhängigen vorranging in Ausbildungen und andere Qualifizierungsmaßnahmen vermittelt werden. Doch genau damit ist fürs erste jetzt Schluss. Für das kommende Jahr ist davon auszugehen, dass die Bezahlung von Ausbildungen wieder aufgenommen wird – auf Kosten anderer, wichtiger Leistungen, denn mehr Geld wird es für die Jobcenter sicher nicht geben. Der Widerspruch zwischen Gesetz – der Verpflichtung zur Vermittlung in Ausbildung – und Finanzierung ist hier aber nur die Spitze des Eisbergs der Widersprüche. 

Die Tatsache, dass dieser Kurswechsel mit dem baldigen Beschluss über den Bundeshaushalt 2025 sehr wahrscheinlich zu Grabe getragen wird, liegt nicht daran, dass der Staat gerade sparen muss. Sie erklärt sich auch nicht nur über die liberale Wirtschaftstheorie der aktuellen Regierung. Die Bundesregierung sieht sich hier, wie auch in der verschärften Abschiebepolitik, unter Druck gesetzt durch die immer stärker werdenden Rechten. Sie scheint zu glauben, indem sie selber Teile ihrer Politik übernimmt, ihnen das Wasser abgraben zu können.

Mitten im Rechtsruck hat sich die Bundesregierung so entschieden in die rechte Verachtung für Arme und Lohnabhängige miteinzusteigen und Sozialabbau zu betreiben. Vermutlich erleben wir hier gerade nur den Anfang einer Vielzahl von noch folgenden Kürzungen. 

Diese Perspektive sorgt nicht nur bei den Mitarbeitenden im Jobcenter für ein Unwohlsein mit ihrer Arbeit. Vor allem aber ist sie ein Schlag ins Gesicht sehr vieler Menschen in Bremen. In das Gesicht derjenigen, die bei Bildungsträgern arbeiten und nun zunehmend um ihre Jobs bangen müssen, in das Gesicht derjenigen, die andere Leistungen anbieten, die vom Jobcenter finanziert werden, aber vor allem in das Gesicht derjenigen, die von den Leistungen des Jobcenters abhängig sind.

Das der Geschäftsführer des Bremer Jobcenter anscheinend gewartet hat bis es zu spät war noch irgendetwas zu retten, hat all das noch schlimmer gemacht. Das Bürgergeld ist in Bremen damit vorerst tot und Gerhard Schröder zurück – aber diesmal hat er die AfD im Schlepptau.

Es liegt deshalb jetzt an uns, uns dagegen zusammenzuschließen und aktiv zu werden: Gegen Rechtsruck und Sozialabbau und für praktische Solidarität!